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Serienreif: diffusionsfähige Mitteldichtung von Deventer

Leinfelden-Echterdingen –  „Deventer konnte ein Dichtprofil zur Serienreife führen, das es Fensterherstellern möglich macht, teure Auseinandersetzungen mit Kunden, Hausbesitzern und Mietern in vielen Fällen zu vermeiden“, freut sich Jürgen Daub. Er ist u. a. verantwortlich für Forschung & Entwicklung bei Deventer. Als Mitteldichtung eingesetzt, verbessere das neue diffusionsoffene Dichtprofil den Abbau von Feuchtigkeit im Beschlagfalz derart, dass man von einer „echten Revolution im Fensterbau“ sprechen dürfe. Das Problem der Schimmelbildung im Falz könne der Vergangenheit angehören, wenn sich der neue Profiltyp als Mitteldichtung durchsetzt, so Daub.

Mitteldichtung im Fokus des ift

Bereits 2009 formulierte das ift Rosenheim eine wichtige Grundregel für den Bau eines bauphysikalisch optimal konstruierten Fensters: „Die Mitteldichtung ist diffusionsoffener auszuführen als die raumseitige Überschlagsdichtung.“ Über Jahre hatte das Institut Schadensfälle untersucht, bei denen Feuchtigkeit im Fensterfalz zu Schäden führte. Immer häufiger stellte sich dabei heraus, dass diese Feuchtigkeit nicht von außen, sondern aus dem Gebäudeinneren eingetragen wurde. „Dass die 2009 ausgesprochene Regel deshalb sinnvoll ist, steht außer Frage. Dass sie dennoch bislang weitgehend unbeachtet blieb, ist mindestens erstaunlich“, urteilt Daub. Deventer habe mit Blick auf diese Grundregel ein umfangreiches Forschungsvorhaben initiiert, das aufgrund seiner offenkundig hohen Relevanz von der Bundesinitiative „Zentrales Innovationsprogramm im Mittelstand“ (ZIM) gefördert wurde.

Fenster mit Mehrwert

Wie muss ein Dichtprofil ausgeführt werden, damit ein Fenster nach wie vor sicher vor Regen und Wind, Wärmeverlusten und Lärm schützt, aber Feuchtigkeit über die Mitteldichtung aus dem Falz diffundieren kann? Im Laufe des Forschungsprojektes fand Deventer die Antwort auf diese Frage. Die dabei entwickelte Dichtprofil-Innovation sei inzwischen durch ein Patent geschützt und könne passend zu allen gängigen Profilsystemen produziert werden. „Trauen sich Fensterhersteller zu, einen Aufpreis für diesen echten Mehrwert an ihre aufgeklärten Kunden zu berechnen, steht Deventer als verlässlicher Lieferant bereit.“

Feuchtigkeit reduzieren

Schimmel kann entstehen, wenn auf eine Fläche drei Tage lang eine Luftfeuchtigkeit von rund 80 % oder mehr einwirkt. „Dann bildet sich der sogenannte ‚Fruchtkörper‘, den die Menschen als schwarze Ausblühung wahrnehmen“, erklärt Daub. Es gäbe also einen „kritischen Feuchtewert“, der z. B. im Fensterfalz die Schimmelbildung begünstigt. Auf Klimadifferenz-Prüfständen des Fraunhofer Instituts in Stuttgart hatte Deventer deshalb den Ablauf der Jahreszeiten, Temperaturverläufe und Feuchtebildung in verschiedenen Fensterprofilen unter Einsatz diverser Dichtungen simuliert. Mit einer neu entwickelten TPE-Dichtung gelang es schließlich, die Menge der Feuchtigkeit im Beschlagfalz um bis zu 12 % zu verringern. Und das ändert tatsächlich alles.

Diffusion möglich machen

„Wir mussten mit unserer neuen Dichtung erreichen, dass die Luftfeuchtigkeit im Fensterfalz möglichst immer unterhalb von 80 % liegt“, beschreibt Daub den Entwicklungsansatz. „Das ist dann der Fall, wenn das Abtrocknen der Feuchtigkeit außer bei sehr nassem Wetter eigentlich immer möglich ist.“ Gesucht war also eine Mitteldichtung, die das Ablüften des Falzes ermöglicht, sobald die natürlichen Voraussetzungen für die Diffusion gegeben sind, also die Außenluft trockener ist als die Luft in der Fensterkonstruktion. „Als wir endlich die Eigenschaften des in dieser Hinsicht optimalen Dichtprofils definieren und im Labor seine Wirksamkeit nachweisen konnten, kam unser Forschungsprojekt zum denkbar besten Abschluss“, fasst Daub die Forschungsarbeit zusammen.

Mehr Sicherheit für Alt- und Neubau

Hersteller, die ihre Kunden und Endnutzer vor unerfreulichen Diskussionen über „schwarze Flecken“ im Fenster bewahren wollen, tun aus Sicht vieler Experten und Sachverständiger gut daran, zukünftig ihre Fenster mit einer tatsächlich diffusionsfähigen Mitteldichtung auszurüsten. „Unsere Branche kann mit optimalen Komponenten Bauelemente herstellen, die auch ein nicht ideales Lüftungsverhalten von Hausbewohnern besser tolerieren“, betont Daub. Dies sei umso wichtiger, als auch zukünftig die allermeisten Fenster im Rahmen von Sanierungen in Gebäude eingebaut würden, bei denen keine automatische Lüftung zur Risikoprophylaxe nachgerüstet werden kann. „Das Ziel sollte sein, neue Fenster bauphysikalisch korrekt zu konstruieren, sodass ihre Dichtungsebene für den Abbau von Dampfdruck nicht nachträglich manipuliert und unterbrochen werden muss.“

Professor Ulrich Sieberath, ehemaliger Leiter des ift Rosenheim: „Ich erinnere mich noch gut an die ersten Schadensfälle an Holzfenstern etwa zur Jahrtausendwende, die eindeutig auf Feuchtigkeit aus dem Inneren des Gebäudes zurückzuführen waren. Wir sind dem Problem sofort nachgegangen und haben systematisch untersucht, was Ursache der sich in den folgenden Jahren häufenden Schadensfälle war. Erste Versuche mit einer umlaufenden raumseitigen Überschlagsdichtung allein brachten Verbesserungen, aber noch nicht den gewünschten Erfolg. 2009 stand für uns fest, dass eine nicht diffusionsfähige Mitteldichtung mindestens großen Anteil an der Entstehung von Feuchtigkeit im Fenster hat. Nach dem Grundsatz „innen dichter als außen“ die Mitteldichtung einfach auszuklinken, brachte aber technische Nachteile. Darüber haben wir die Branche informiert. Die von Deventer entwickelte Lösung ist vielversprechend. Ich habe mir die Untersuchungsprotokolle angesehen und denke, dass hier eine gute Lösung gefunden wurde. Eine Dichtung, die alles kann, was eine herkömmliche Dichtung kann, aber eben nicht dazu führt, dass Feuchtigkeit im Falz eingeschlossen wird. Die Fensterhersteller wissen oft nicht, in welches Gebäude die gerade produzierten Fenster später eingebaut werden. Daher sollte man die Chance nutzen, Reklamationen durch den Einsatz einer wirklich diffusionsfähigen Mitteldichtung zu vermeiden. Ich möchte aber auch betonen, dass Tauwasser und Bauschäden infolge einer bauphysikalisch grob falschen Planung und einer fehlenden Lüftung selbst mit einer guten Fensterkonstruktion und der diffusionsfähigen Dichtung nicht allein zu verhindern sein werden.“

Sven Gallmann, international zertifizierter Sachverständiger nach DIN EN ISO / IEC 17024: „Feuchtigkeit im Fensterfalz macht Probleme wie Schimmel und Eisbildung, schließlich Korrosion. Früher kam Feuchtigkeit meist von außen, heute sorgt der Überdruck in den modernen, hochdichten Gebäuden dafür, dass feuchte Luft bei geschlossenen Fenstern regelrecht in den Falz gedrückt wird. Wenn wir wenigstens einen größeren Teil der so in den Falz gelangten Feuchtigkeit mit einer diffusionsfähigen Mitteldichtung nach außen transportieren können, ist das bereits ein deutlicher Fortschritt. Allerdings werde ich nicht nachlassen darin, Hausbesitzer auf die Ursachen des Eintrags von Feuchtigkeit in den Falz und des Tauwasserausfalls in der Folge hinzuweisen. In hochdichten Neubauten brauchen wir Systeme, die den steigenden Druck im geschlossenen Gebäude kontinuierlich abbauen. Die alte Faustregel, dass bei einer Innenraumtemperatur von 22 Grad und einer Luftfeuchte bis 50 % keine Feuchtigkeit im Fensterfalz zu erwarten ist, stimmt nach meiner Beobachtung nur bis zu einer Außentemperatur von 0 Grad Celsius. Hinzu kommt, dass der Dampfdruck in dichten Häusern mit offenem Treppenhaus von Geschoss zu Geschoss zunimmt. In der Konsequenz finden wir Feuchtigkeit in der Fensterkonstruktion z. B. in Dachgeschossräumen an kalten Wintertagen, selbst wenn dort kaum Luftfeuchte entsteht.“

Glasermeister Jürgen Sieber: „Die energieeffizienten Häuser, die wir heute bauen, ähneln ein wenig einem Dampfdrucktopf: Innen viel Feuchtigkeit und hoher Dampfdruck, außen geringer Druck und mal mehr, mal weniger Feuchtigkeit. Wer in einem Niedrigenergiehaus auf den Einbau einer automatischen Lüftungsanlage verzichtet oder diese im Winter ‚herunterregelt‘, zwingt die warme, feuchte Raumluft nahezu, sich einen Weg nach draußen zu suchen. Mauerwerk mit Dämmung, also eine Außenwand von 30, 40 oder 50 cm Dicke, taugt dafür nicht. Die Fuge zwischen Blendrahmen und Fensterflügel ist dagegen trotz Dichtung ein möglicher „Ausweg“. Zum Problem wird das vor allem dann, wenn die Luftfeuchte nicht mehr „weiterziehen“ kann, weil die Mitteldichtung als Barriere fungiert, und die Feuchtigkeit im Falz kondensiert. Fensterfalzlüfter können das Problem verschärfen, weil sie die Temperatur im Falz an kalten Wintertagen noch einmal deutlich senken. Nun kommt es zu den bekannten Phänomenen wie Schimmelbildung oder, noch schlimmer, zu Fäulnis bei Holzfenstern und zur Korrosion an den Beschlägen. Vor allem dann, wenn deren Oberflächen nicht der Korrosionsklasse 5 entsprechen. Ich würde mir wünschen, dass sich möglichst viele Systemhäuser entschließen, eine diffusionsfähige Mitteldichtung einzusetzen. Das würde uns manches Problem und Gutachten ersparen.“